Identifikationsbereich |
Signatur: | AT-UAW/Psych.Inst. |
Titel: | Psychologisches Institut |
Entstehungszeitraum: | ca. 1923 - ca. 1960 |
Schachtelnummer: | 1-10 |
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Angaben zum Kontext |
Verwaltungsgeschichte/Biogr. Angaben: | Die Gründung des Psychologischen Instituts in Wien steht in Zusammenhang mit der 1921 erfolgten Berufung des Psychologen Karl Bühler (1879-1963) als Ordentlicher Professor der Philosophie „mit besonderer Berücksichtigung der Psychologie und der experimentellen Pädagogik“. Gemeinsam mit seiner Frau Charlotte Bühler (1893-1974) etablierte Karl Bühler ab 1922 das Wiener Psychologische Institut als eine international renommierte Forschungs- und Ausbildungsanstalt, die sich institutionell und räumlich zwischen Universität und Wiener Stadtverwaltung ansiedelte. Die Stadt Wien stellte dem Institut Räumlichkeiten im Palais Epstein zur Verfügung, finanzierte weiterhin das dortige pädagogisch-psychologische Laboratorium und kam für Apparate, Betriebskosten sowie das Gehalt von Charlotte Bühler auf. Im Gegenzug konnten sich die bildungs- und sozialpolitischen Maßnahmen der „roten“ Stadtverwaltung auf die entwicklungspsychologischen und empirischen Ergebnisse des Psychologischen Instituts und des neu errichteten Pädagogischen Instituts stützen. Neben den wegweisenden Arbeiten von Karl und Charlotte Bühler zu Entwicklungspsychologie, Gestaltpsychologie und Sprachtheorie entstanden im Umkreis des Wiener Instituts in den 1920er und 30er Jahren eine Vielzahl wichtiger Forschungen, u.a. jene von Paul F. Lazarsfeld (1901-1976) und Egon Brunswik (1903-1955), der bis 1931 als Assistent am Institut tätig war. Die Zusammensetzung der Studentinnen und Studenten des Instituts war international, 1937 arbeiteten und forschten dort Dissertantinnen und Dissertanten aus 18 Ländern. Unter den prominenten Namen, die sich als Dissertantinnen und Dissertanten oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ehepaars Bühler finden, finden sich Hildegard Hetzer, Kurt Eissler, Hilde Spiel und Karl Popper.
1934 wurde das Psychologische Institut an seinen heutigen Platz in das Gebäude Liebiggasse 5 verlegt, blieb aber weiterhin Gemeinde- und Universitätsinstitut in einem. Die politischen Umbrüche der Jahre 1933/34 und insbesondere 1938 bedeuteten in der Folge den Abgang wichtiger Mitarbeiter und ergaben besonders nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich drastisch verschlechterte Rahmenbedingungen, die dazu führten, dass sich Karl und Charlotte Bühler 1938 zur Emigration gezwungen sahen. Nachdem das Institut im März 1938 von der Gestapo geschlossen und Karl Bühler in Schutzhaft genommen wurde, bereitete Charlotte die Flucht der Familie vor, die sie schließlich in die Vereinigten Staaten führte. Gleichzeitig mit dem Ehepaar Bühler mussten auch viele ihrer Schüler und Schülerinnen aus dem Umfeld des Psychologischen Instituts und der „Wiener Schule“ emigrieren. Nach der Entlassung Karl Bühlers ging sein Lehrstuhl an den Königsberger Volkskundeprofessor Gunther Ipsen, der nach der Einrückung zur Wehrmacht seinen ehemaligen Kollegen Arnold Gehlen nach Wien lotste. Gehlen wurde in Vertretung Ipsens die kommissarische Leitung des Wiener Psychologischen Instituts übertragen.
Im Mai 1942 wurde, im Rahmen einer besonders von der Wehrmacht im Deutschen Reich betriebenen institutionellen Verankerung der Psychologie, an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien die Einrichtung eines Extraordinariats für Psychologie beschlossen. Das Wiener Psychologische Institut indes wurde als eine von vier Abteilungen dem neu geschaffenen Institut für Philosophie unterstellt (die anderen drei Abteilungen bildeten Geschichte der Philosophie, Pädagogik und Soziologie). 1943 wurde das Extraordinariat mit Hubert Rohrarcher (1903-1972) besetzt, der die Wiener Psychologie in den kommenden Jahrzehnten prägen sollte und entscheidend an der Verselbstständigung des Faches von der Philosophie beteiligt war. |
Aktenbildner / Provenienz: | Institut für Psychologie (Psychologisches Institut) der Universität Wien |
Archivierungsgeschichte: | Ablieferung von Schriftgut aus den Jahren ca. 1936 bis ca. 1960 erfolgte 2019. |
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Angaben zu Inhalt und Struktur |
Inhalt: | Institutsakten, Institutskorrespondenz, Korrespondenz Hubert Rohracher, Arnold Gehlen, Gunther Ipsen, Friedrich Kainz, Sylvia (Bayr-)Klimpfinger, Norbert Thumb. |
Umfang: | 10 Archivkartons |
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Informationsbereich |
Veröffentlichungen: | Gerhard Benetka, Zur Geschichte der Institutionalisierung der Psychologie in Österreich. Die Errichtung des Wiener Psychologischen Instituts (Wien 1990).
Gerhard Benetka, Psychologie in Wien. Sozial- und Theoriegeschichte des Wiener Psychologischen Instituts (Wien 1995).
Gerhard Benetka und Giselher Guttmann, Akademische Psychologie in Österreich. Ein historischer Überblick. In: Karl Acham (Hg.), Geschichte der österreichischen Humanwissenschaften, Bd. 3/1: Menschliches Verhalten und gesellschaftliche Institutionen: Einstellung, Sozialverhalten, Verhaltensorientierung (Wien 2001) 83–167.
Gerhard Benetka und Thomas Slunecko, Desorientierung und Reorientierung. Zum Werden des Faches Psychologie in Wien. In: Karl Fröschl, Gerd Müller, Thomas Olechowski, Brigitta Schmidt-Lauber (Hg.), Reflexive Innensichten aus der Universität. Disziplinengeschichten zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik (Wien 2015) 268-280.
Gerhad Benetka und Thomas Slunecko, Das Wiener Psychologische Institut und die Herausbildung der Entwicklungspsychologie. In: Lieselotte Ahnert (Hg.), Charlotte Bühler und die Entwicklungspsychologie (Wien 2015) 9-18.
Friedrich Stadler, Philosophie. Konturen eines Faches an der Universität Wien im „langen 20. Jahrhundert“. In: Karl Fröschl, Gerd Müller, Thomas Olechowski, Brigitta Schmidt-Lauber (Hg.), Reflexive Innensichten aus der Universität. Disziplinengeschichten zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik (Wien 2015) 471-488.
Hans-Joachim Dahms, Der Neubeginn der Wiener Philosophie im Jahre 1922. Die Berufungen von Schlick, Bühler und Reininger. In: Janette Friedrich (Hg.), Karl Bühlers „Krise der Psychologie“. Positionen, Bezüge und Kontroversen im Wien der 1920er/30er Jahre (Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis 26, Cham 2018) 3-32. |
Verwandtes Material: | Teil-Nachlass Karl und Charlotte Bühler ("Exil-Nachlass", AT-UAW/131.147) |
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Angaben zur Benutzung |
Zugangsbestimmungen: | Einsichtnahme ist gemäß der geltenden Benutzungsordnung des Archivs der Universität Wien möglich. |
Ordnung und Klassifikation: | Die Sichtung und Säuberung (Entfernung von Metall- und Plastikteilen) der Akten im Archiv der Universität erfolgte im Juli 2019. Der Inhalt der einzelnen Stehordner wurde unter Beibehaltung der Ordnung und Signaturen in Archivmappen und -kartons zur Aufbewahrung vorbereitet, die bestehende Ordnung des Bestandes (Einheftung in Stehordner, teilweise Paginierung) dürfte bei der Übernahme ins Archiv des Psychologischen Instituts 1990 erfolgt sein und wurde beibehalten. |
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Verwandte Verzeichnungseinheiten |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | siehe auch: AT-UAW/131.147 Bühler, Charlotte und Karl; Teil-Nachlass ("Exil-Nachlass"), 1883-1989 (Bestand)
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | https://scopeq.cc.univie.ac.at/Query/detail.aspx?ID=429901 |
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